In Gaza und der Westbank agieren islamistische Organisationen wie die aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene Hamas und der Islamische Jihad, die zwar gewisse Anliegen teilen, zugleich aber ihre je eigenen Interessen verfolgen. Neben der Feindschaft zu Israel bestimmt die Konkurrenz zu ihren islamistischen und nationalistischen Konkurrenten wie der Fatah, bzw. der PLO ihr Handeln, und wie andere politische Akteure auch, passen sie ihre Strategien und Ziele zu einem gewissen Grad an ein sich wandelndes Umfeld an. Der Vortrag wird dieses Spannungsfeld mit Blick auf seine historische Dimension und aktuelle Dynamik beleuchten. Gudrun Krämer war bis zu ihrem Ruhestand Professorin für Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin und Direktorin der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies. Sie ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, des Wissenschaftsrats und Mitherausgeberin der Encyclopaedia of Islam Three. 2010 wurde sie mit dem Gerda Henkel Preis ausgezeichnet. Bei C.H.Beck erschienen von ihr u.a. die Standardwerke „Geschichte Palästinas“ (2015) und „Geschichte des Islam“. Online-Anmeldung in der vhs-Münster bis 2 Werktage vor Beginn.
Die kollektive Weisheit der Tiere der Erde stellt einen immensen Schatz an noch nie dagewesenen Informationen für die Menschheit dar. Das „Internet der Tiere“ kann uns dabei helfen, Naturkatastrophen vorherzusagen, die globale Ausbreitung von Zoonosen zu prognostizieren oder Nahrungsressourcen zu sichern. Die entwickelten Sinne der Tiere sowie technische Sensoren an von Tieren getragenen Peilsendern ermöglichen lokale Erdbeobachtungen mit höchster räumlicher und zeitlicher Auflösung. Diese beispiellosen Daten über die Lebensgeschichte einzelner Wildtiere liefern tiefe, neue Einblicke in grundlegende biologische Prozesse. Die ICARUS-Initiative, eine internationale, wissenschaftlich getriebene Bottom-up-Technologieentwicklung von kleinen, günstigen und autonomen IoT-Sensoren (Internet der Dinge) für die Bewegung und das Verhalten von Tieren, zielt darauf ab: Wearables für Wildtiere. Die daraus resultierenden Big Data helfen, das Leben auf unserem Planeten zu verstehen, zu überwachen, vorherzusagen und zu schützen. Martin Wikelski ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie in Konstanz und Radolfzell und Professor an der Universität Konstanz. Er erforscht globale Tierwanderungen mit dem Ziel, das intelligente Sensornetzwerk der Tiere in das „Internet der Tiere“ zusammenzufassen und Tiere weltweit zu schützen. 2008 erhielt er von National Geographic eine Auszeichnung als „Emerging Explorer“, 2010 als „Adventurer of the Year“ für seinen maßgeblichen Beitrag zur globalen Erforschung der Tierwanderungen.
Das Weinen eines Babys löst universal bei allen Menschen die gleichen Emotionen aus. Aber ein Weinen bedeutet nicht immer Hunger, Schmerz oder Einsamkeit. Das Weinen der Babys ist eine geheime Klangwelt. Seit mehr als 40 Jahren untersucht Kathleen Wermke auf fast allen Kontinenten vorsprachliche Babylaute – sie hat einzigartige Melodien, Intervalle und rhythmische Akzentuierungen gefunden. Und obwohl die Babygesänge zwar in gewisser Weise anderen Natursängern wie Walen, Delfinen oder Singvögeln ähneln, ist ihr Singsang der einzige, aus dem sich später Sprache entwickelt. In ihrem Vortrag zeigt sie, wie aus melodischem Singsang Sprache wird und dass zum Beispiel japanische Babys ganz anders klingen als schwedische. Kathleen Wermke hat als medizinische Anthropologin viele Jahre an der Charité geforscht und gelehrt. Sie hat das Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen am Universitätsklinikum Würzburg aufgebaut und leitet es bis heute. Ihre Forschungsbeiträge zur Entstehung von Sprache werden weltweit rezipiert.
Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) fragen sich heute viele Unternehmen, wie sie ethische Leitlinien berücksichtigen können. Ob Transparenz, Erklärbarkeit, Fairness, Sicherheit oder Datenschutz: Es gibt konkrete Maßnahmen, die eine Implementierung von vertrauenswürdiger KI unterstützen. Dieser Vortrag beleuchtet aus der Sicht eines IT-Unternehmens den Einsatz von KI und die notwendigen Voraussetzungen und Maßnahmen, um vertrauenswürdige KI-Lösungen zu finden. Andrea Martin ist Leiterin des IBM Watson Center Munich und CTO Ökosysteme und Verbände bei IBM DACH. Sie ist außerdem Mitglied im acatech Senat, der Plattform Lernende Systeme, dem bayerischen KI-Rat und im Wissenschaftsrat. In Kooperation mit der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech).
Im 17. und 18. Jahrhundert wurden große Teile Nordamerikas und Russlands kolonisiert. In dieser Veranstaltung sollen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der amerikanischen und russischen Kolonisierung diskutiert und herausgearbeitet werden. Michael Hochgeschwender ist Professor für Nordamerikanische Kulturgeschichte, Empirische Kulturforschung und Kulturanthropologie an der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) und einer der besten Kenner der amerikanischen Geschichte in Deutschland. Jörg Baberowski ist Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. Für sein Buch „Verbrannte Erde: Stalins Herrschaft der Gewalt“ erhielt er den Preis der Leipziger Buchmesse.
Weite Landschaften, opulente Blumenarrangements, Tiere, Menschen, Stadt und Land – es gibt kaum ein Thema, das Jan Brueghel nicht aufgegriffen hätte. 1568 als Sohn von Pieter Bruegel dem Älteren (d. Ä.), dem berühmten Bauern-Bruegel, geboren, folgte er diesem früh in die künstlerische Laufbahn und reiste wie dieser zunächst nach Italien. Nach seiner Rückkehr ließ er sich in Antwerpen nieder. Mit Nachschöpfungen nach den Vorlagen seines Vaters knüpfte er an die Familientradition an, löste sich jedoch sehr bald von seinem Vorbild und setzte eigene Akzente: Er entwickelte einen charakteristischen Bildtypus mit einem hoch angesetzten Horizont, und die so entstandene Fläche füllte er mit einer Vielzahl von lebensecht wiedergegebenen Details, die zur genauen Betrachtung einladen. Nur wenige, zum Teil mikroskopisch kleine Pinselstriche genügen ihm, das Motiv zu erfassen und festzuhalten: Sei es einen Bauern, der sein störrisches Pferd mit aller Kraft aus dem Stall ziehen muss, sei es ein frierender Hund, der hungrig auf ein paar Fische starrt, die gerade auf das Feuer gelegt wurden. Mit solchen kleinen Szenen verlebendigte Brueghel das Geschehen. Er war jedoch auch im großen Maßstab erfolgreich: Für die „Madonna im Blumenkranz“, der ab Sommer mit „All Eyes On“ eine Fokusausstellung in der Alten Pinakothek gewidmet ist, arbeitete er mit Peter Paul Rubens zusammen – eine Kooperation auf Augenhöhe, wie die Präsentation zeigt. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verfügen über den umfassendsten Bestand von Werken Jan Brueghels d. Ä. weltweit. In der Führung werden einige ausgewählte Werke in der Alten Pinakothek vorgestellt. Mirjam Neumeister ist Sammlungsleiterin für Flämische Barockmalerei an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München. Die Veranstaltung wird live aus der Alten Pinakothek in München gestreamt.
Ob Klima-, Umwelt- oder Gesundheitskrise: Die Machtworte der Wissenschaft verheißen Abhilfe im Zeichen moderner Sachrationalität. Tatsächlich aber verbündet sich hier naive Wissenschaftsgläubigkeit mit einem tendenziell undemokratischen Machtanspruch. Im Mehrheitsprinzip wird Freiheit gewährleistet. Demokratische Herrschaft verbindet sie mit politischen Rationalitätserwartungen. Aktivistische Wissenschaft oder szientistische Politik setzen hingegen einseitig auf das alternativlose Regime einer unbedingten Wahrheit. Das „Follow the Science!“ hat in modernen Wissensgesellschaften viel für sich. Öfter bedeutet es jedoch bloß ein „Schluss mit der Diskussion! Die Zeiten sind zu ernst.“ Wie dieser Vortrag anhand aktueller Beispiele zeigt, kann der Szientismus schnell autoritär werden – zum Schaden der liberalen Demokratie wie ihrer Fähigkeit, epochale Herausforderungen klug und wirksam zu bearbeiten. Peter Strohschneider lehrte Literaturwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Er war unter anderem Vorsitzender des Wissenschaftsrats und der Zukunftskommission Landwirtschaft sowie Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Online-Anmeldung in der vhs-Münster bis 2 Werktage vor Beginn.
Seit über einem halben Jahrhundert wissen wir um die erschreckenden Auswirkungen von Umweltzerstörung und Klimawandel. Zwar häufen sich internationale Umwelt- und Klimakonferenzen, doch warum handeln wir nicht konsequent gegen die verheerenden Bedrohungen? Mojib Latif wendet sich in diesem Vortrag der Frage zu, warum unsere Welt trotz besseren Wissens weiterhin auf gefährliche Weise den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Er stellt die unbequemen Fragen nach dem Versagen der Politik und den Interessen weniger mächtiger Konzerne, die von dieser fatalen Entwicklung profitieren und zeigt Wege auf, wie dennoch durch globale Zusammenarbeit die Zukunft nachfolgender Generationen gerettet werden kann. Mojib Latif ist Professor am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Seit Januar 2022 ist er Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Online-Anmeldung in der vhs-Münster bis 2 Werktage vor Beginn.
Die verschiedenen Lebensgeschichten des Buddha stellen für Buddhisten und Buddhismusforscher gleichermaßen eine Herausforderung dar, wenn es darum geht, wie sie all das reiche Material betrachten. Indem ich versuche, „Buddha als historische Person“ neu zu erfassen und seine intellektuelle und religiöse Weltsicht mit den vielen posthumen Legenden in Einklang zu bringen, rekonstruiere ich eine Biographie, die natürlich virtuell, aber gleichzeitig realistisch ist. Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer hatte nach einem Studium der Sinologie und diversen Forschungsreisen nach Ostasien von 1981 bis 1993 den Lehrstuhl für Ostasiatische Kultur- und Sprachwissenschaft an der Universität München inne, bevor er von 1993 bis 2015 als Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel tätig war. Er ist heute Direktor des China Centrums Tübingen.
Die NGO „African Parks“ verwaltet eine Fläche von der Größe Großbritanniens. Die Organisation unterhält bewaffnete Kräfte mit weitgehenden Befugnissen zum Schutz der Gebiete – vor Terroristen, vor Wilderern und vor der Bevölkerung. Einheimische dürfen das von ihnen traditionell genutzte Land nicht mehr betreten, es kommt zu Folter und Vergewaltigung. Der Safari-Tourismus, Spenden von Milliardären und westlichen Regierungen - auch der deutschen - bringen reiche Einnahmen. An der Spitze steht eine weiße Elite, die alles daransetzt nur schöne Bilder von Großwild und intakter Natur nach außen dringen zu lassen. Olivier van Beemen hat drei Jahre lang über die Organisation recherchiert, unzählige Insider, Aussteiger und Anwohner der Parks befragt und sich nicht von Verhaftung, Spionagevorwürfen und Abschiebung abschrecken lassen. In seinem Vortrag zeigt er, was die Militarisierung des Naturschutzes anrichtet, wie die einheimische Bevölkerung drangsaliert wird und wie eine weiße Exekutive ohne demokratische Kontrolle im Namen einer „unberührten“ – menschenleeren – Natur herrscht. Olivier van Beemen ist ein niederländischer investigativer Journalist, der sich vor allem mit Afrika beschäftigt. 2019 wurde er mit dem "Tegel", dem wichtigsten niederländischen Journalistenpreis, ausgezeichnet. Seine Artikel erscheinen in internationalen Zeitungen wie The Guardian oder Le Monde.
Die Astronomie gehört zu den schönsten Wissenschaften überhaupt, weil wir mit ihr faszinierende und atemberaubend ästhetische Aufnahmen gewinnen. Einen großen Anteil daran haben Weltraumteleskope wie Hubble oder neuerdings James Webb. Doch auch andere Instrumente und Methoden der Astrophysik liefern Bilder, die einen große Reiz ausüben. Dr. Andreas Müller entführt sein Publikum in die Magie der astronomischen Aufnahmen und tritt den Beweis an: Die Schönheit der Bilder wird noch tiefer empfunden, wenn man sie mit etwas mehr wissenschaftlichem Hintergrundwissen betrachtet. Andreas Müller ist Astrophysiker und Chefredakteur von „Sterne und Weltraum“
Sie möchten Ihren Steuerbescheid endlich verstehen und/oder Ihre Einkommensteuererklärung selbst fertigen? Kein Problem! In diesem Kurs werden Sie auf alle Herausforderungen vorbereitet, denen Sie sich stellen wollen. Es wird Ihnen - sowohl heoretisch als auch praxisnah - anhand der Formulare vermittelt, was bei der Fertigung einer Einkommensteuerklärung wichtig und notwendig ist. Der Dozent stellt sich Ihren Fragen und Sie erfahren, wie mit Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Kinderfreibeträgen, Arbeitnehmereinkünften, Einkünften aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung, selbstständigen Nebeneinkünften, Rentenbezügen und Einkünften aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage zu verfahren ist. Es sind keinerlei Vorkenntnisse erforderlich. Der Kurs ist sowohl für absolute Anfänger als auch für „steuerlich Fortgeschrittene“ geeignet. Fragen zur Übermittlung Ihrer Steuererklärung per ELSTER können auch am Rande erläutert werden. Inwieweit die Kursgebühren steuerlich absetzbar sind, wird im Kurs besprochen. Referent: Volker Riechert, Diplom-Kaufmann, Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirt Dieser Online-Kurs wird mit Zoom durchgeführt. Für die Teilnahme am Online-Kurs benötigen Sie einen PC, Laptop oder Tablet mit Mikrofon und Soundausgabe sowie die einmalige Installation der Zoom-App. Spätestens 2 Werktage vor Kursbeginn erhalten Sie per E-Mail die genauen Zugangsdaten zu Ihrem Online-Kurs.
1511 fasst Albrecht Dürer einen radikalen Entschluss: Nachdem er sich mit dem Frankfurter Kaufmann Jacob Heller wegen eines Auftrages zerstritten hat, hört er auf Altarbilder zu malen und wendet sich anderen Werken zu. Dieser Konflikt ist dabei wie eine Linse, durch die man die neue Beziehung zwischen Kunst, Sammeln und Handel in Europa bis zum Dreißigjährigen Krieg beobachten kann. Denn mit dem beginnenden 16. Jahrhundert wurde Kunst Teil eines wachsenden Sektors von Luxusgütern und vollzog eine umfassende Kommerzialisierung. Kaufleute und ihre Mentalität waren entscheidend für ihre Verbreitung und Entstehung. In ihrem Vortrag bringt uns die Historikerin die Gedanken- und Gefühlswelten Albrecht Dürers und der Kaufleuten seiner Zeit näher. Anhand von originalen Schriftstücken, Briefverläufen und Bildern zeichnet Prof.Dr. Ulinka Rublack eindrucksvoll die Geschichte Dürers, seines Werks und des aufkommenden europäischen Kunst- und Handwerksmarkts nach. Prof. Dr. Ulinka Rublack lehrt seit 1996 Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit in Cambridge. 2019 wurde sie mit dem Preis des Historischen Kollegs ausgezeichnet.
Während innerhalb Russlands das Verbot kritischer Medien eine beinahe karikaturhafte Erzählung über traditionelle Werte und die Notwendigkeit der »Militärischen Spezialoperation« hervorbringt, arbeiten sorgfältig geplante Propagandaaktionen im Rest der Welt an der Destabilisierung demokratischer Gesellschaften. Ein planmäßiger Wahnsinn überzieht das Land. Er zeigt sich in inflationär gebrauchten Euphemismen und Hassreden, als Denunziation und in einem bis ins Subtilste durchdachten Strafregime. Und es ist ein Wahnsinn mit Geschichte. Denn die Gewalt, die die russische Gesellschaft unerbittlich im Griff hat, ist eine Fortführung der paranoiden Suche nach Feinden, der nächtlichen Verhaftungen, Durchsuchungen und Folterungen sowie der Gulags aus dem Sowjetregime – in grellem, neuem Gewand und verschmolzen mit dem Gangstertum der Neunzigerjahre. In diesem Vortrag zeigt Irina Rastorgueva aus der eigenen Erfahrung und anhand kremlkritischer und russlandtreuer Autoren das Wirken der russischen Selbstvergiftung. Irina Rastorgueva studierte Philologie an der Staatlichen Universität Sachalin und arbeitete als Kulturjournalistin für mehrere russische Zeitschriften und Radiosender. Sie ist Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel über die Theorie und Geschichte der Literatur und des Journalismus des 20. Jahrhunderts. Von 2011 bis 2017 war sie Dramaturgin am Tschechow-Theater Sachalin. Seit 2017 arbeitet sie als Autorin und Grafikerin in Berlin. Sie schreibt u. a. für die FAZ, die NZZ und das Magazin Osteuropa.
Nachdem die russischen Truppen die unter massivem Munitions- und Personalmangel leidenden Stellungen der ukrainischen Armee im Süden und Osten des Landes durchbrochen haben, rücken sie erneut bis nach Kiew vor – diesmal erfolgreich. Präsident Selensky und seine Regierung werden gestürzt, ein autoritäres Marionettenregime von Moskaus Gnaden rückt an ihre Stelle. Die Amerikaner haben sich militärisch inzwischen weitgehend aus Europa zurückgezogen, um alle Kräfte auf den drohenden Krieg mit China im Pazifik zu konzentrieren. Deutschland und Frankreich haben es immer noch nicht geschafft, eine schlagkräftige europäische Sicherheitsallianz aufzubauen. Und am frühen Morgen eines milden Märztages im Jahr 2028 rücken russische Panzer im Baltikum ein. Im NATO-Hauptquartier in Brüssel muss eine Entscheidung getroffen werden, bevor die Dinge ihren Lauf nehmen … Es ist nur ein hypothetisches Zukunftsszenario, das der renommierte Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala in seinem Vortrag entwirft – aber es zeigt auf besonders drastische Weise, was heute auf dem Spiel steht. Prof. Dr. Carlo Masala lehrt Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr.
Obst, Gemüse, Gewürze erkennen wir mit geschlossenen Augen. Aber wie entstehen diese Eigenschaften? Welche chemischen Verbindungen stecken dahinter? Für Farbe, Duft und Geschmack in unserem Essen sind pflanzliche Sekundärstoffe verantwortlich. Carotine sorgen zum Beispiel dafür, dass Möhren orange aussehen. Furaneol ist für das Erdbeeraroma zuständig und Valencen für den Geschmack einer Orange. Auch die Wirkung von Arzneipflanzen wie Ingwer, Salbei und Kamille geht auf Sekundärstoffe zurück. Anbauflächen werden allerdings immer knapper und die Bewässerung von Pflanzen in vielen Erdregionen immer schwieriger durch den Klimawandel. Hier kommen die Mikroalgen ins Spiel, ein Rohstoff für die Zukunft. Sie können sich extrem gut anpassen, gedeihen in Salzwasser und sind wie Pflanzen in der Lage Kohlendioxid zu fixieren und in Zucker und Sauerstoff umzusetzen. Ilka Axmann ist Professorin für Synthetische Mikrobiologie und trainiert Mikroalgen darauf, pflanzliche Aromen und Farbstoffe anzunehmen.
Die Hure ist in den Worten Walter Benjamins »Verkäuferin und Ware in einem«. Sie verdinglicht sich zum käuflichen Objekt und bleibt doch unverfügbares Subjekt. Bis in die Debatten der aufgeklärten Gegenwart erscheint sie zugleich als preisgegebenes Opfer und arbeitsscheue Betrügerin. Die Prostitution zeigt sich als unverzichtbare Einrichtung und zu bekämpfendes Übel. Wie sehr das auch mit dem bürgerlichen Blick auf Frauen und ihre Körper zu tun hat, der zu jeder Zeit Kontrolle und Voyeurismus, Distanz und Neugier gleichermaßen ist, untersucht Theodora Becker in dem Vortrag und fragt nach der Ambivalenz der sexuellen Ware, die diesen Zuschreibungen und Umgangsweisen zugrunde liegt. Dabei verfolgt sie anhand der Prostitution den Zusammenhang von Subjektivität, Sexualität, Warenform und Arbeit in der bürgerlichen Gesellschaft, sowie seine Wandlungen seit dem 19. Jahrhundert. Dr. Theodora Becker studierte Philosophie, Politik- und Kulturwissenschaften und lebt in Berlin.
Antike Philosophen vertraten bei der Bewertung von Tieren ganz unterschiedliche Positionen. Während Aristoteles und die Stoiker Tiere aufgrund ihrer fehlenden Vernunft und Sprache scharf vom Menschen abgrenzten, bewerteten andere philosophische Strömungen Tiere völlig anders. Insbesondere Autoren der Spätantike und der islamischen Welt schrieben Tieren durchaus rationale Fähigkeiten zu. Einige Denker waren sogar überzeugt, dass Tiere Sprache benutzten. Im Vortrag werden diese Positionen vorgestellt und auf die ethischen Konsequenzen eingegangen, wie wir Menschen Tiere behandeln sollten. Prof. Dr. Peter Adamson lehrt Philosophiegeschichte an der LMU München. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die Philosophie der Antike und der islamischen Welt.
Die Computerspielstörung wurde unlängst von der WHO als Verhaltenssucht in das internationale Klassifikationssystem von Erkrankungen aufgenommen. Über (Online-) Spiele hinausgehend werden auch andere Internetapplikationen suchtartig genutzt, wie beispielsweise Online-Shoppingseiten, soziale Netzwerke und Online-Pornografie. Im Vortrag werden die aktuellen diagnostischen Kriterien vorgestellt, theoretische Störungsmodelle zusammengefasst und der aktuelle Forschungsstand zu psychologischen und neurobiologischen Prozessen der onlinebezogenen Verhaltenssüchte skizziert. Abschließend werden Ansätze für Prävention und Therapie diskutiert. Prof. Dr. Matthias Brand, Diplom in Psychologie 1999 an der Universität Koblenz-Landau, 2001 Promotion und 2005 Habilitation an der Universität Bielefeld. Er ist Professor für Allgemeine Psychologie und Kognition an der Fakultät für Informatik der Universität Duisburg-Essen und Direktor des Erwin L. Hahn Institute for Magnetic Resonance Imaging in Essen. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR) an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen.
Mehrmals geriet Goethe auf seiner italienische Reise in Situationen, in denen er glauben wollte, aus der eigenen Zeit gefallen und in der Antike oder in einer Art Nicht-Zeit gelandet zu sein. Wir meinen, dieses Gefühl wiederzuerkennen. Doch so ist es nicht: Goethe hatte, noch dem 18. Jahrhundert gemäß, andere Vorstellungen von Zeit und Geschichte, als wir sie hegen – erkennbar etwa an seiner Beschreibung italienischer Gasthäuser, an der Schilderung seiner Ankunft auf Sizilien, an seinen Äußerungen über Palladio oder auch an seinen Versuchen, die „Urpflanze“ zu entdecken. Thomas Steinfeld war Literaturchef der FAZ und anschließend Leiter des Feuilleton der SZ. Von 2006-2018 lehrte er als Professor für Kulturwissenschaften an der Universität Luzern. Er hat u.a. zu Goethe, Italien und Marx viel beachtete Publikationen vorgelegt. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Casa di Goethe in Rom statt.
Der jiddische Witz ist mehr als die Summe der Witze, mit denen Ostjuden über sich selbst lachten. Er ist Geist, „esprit“, ja schwarzer Humor angesichts einer absurden Luftmenschen-Existenz. Der israelische Schriftsteller und Germanist Jakob Hessing erschließt kurzweilig das ironische Potential der jiddischen Sprache und erklärt, warum jiddischer Witz und jiddische Literatur aufblühten, als das Ostjudentum seiner Vernichtung entgegen ging. Prof. Dr. Jakob Hessing wurde 1944 im Versteck bei einem polnischen Bauern geboren, wuchs in Berlin auf und emigrierte 1964 nach Israel. Bis zu seiner Emeritierung 2012 war er Professor und Leiter der Germanistischen Abteilung an der Hebräischen Universität Jerusalem. Durch Romane, Essays, Übersetzungen aus dem Hebräischen und Zeitungsbeiträge ist er einer größeren Leserschaft bekannt.